Das maligne Melanom, auch als „schwarzer Hautkrebs“ bekannt, ist die bösartigste Form des Hautkrebses. Wir sprachen daher mit Univ.-Prof. PD. Dr. Erika Richtig von der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie Graz über Prävention, aktuelle Therapiemöglichkeiten und das Thema Lebensqualität von PatientInnen.

Was versteht man unter einem „malignen Melanom“ und welche Stadien gibt es?

Unter dem Begriff „malignes Melanom“ versteht man den schwarzen Hautkrebs. Dieser Tumor hat, so wie andere Krebsarten auch, verschiedene Stadien der Ausbreitung. Beim Melanom wird als wichtigster prognostischer Parameter die Tumordicke (in mm) angegeben und ob der Tumor ein Geschwür gebildet hat. Daneben wird weiters in höheren Stadien unterschieden, ob bereits Lymphknoten betroffen sind oder gar Absiedlungen (Metastasen) in innere Organe vorliegen. Stadium I und II erfassen den Primärtumor, Stadium III liegt bei Lymphknotenmetastasierung vor und Stadium IV beurteilt die Fernmetastasierung (weitere Organe betroffen).

Wie viele Personen erkranken in Österreich am malignen Melanom? Wie hoch ist die Gefahr daran zu erkranken?

Hierzu muss man sagen, dass die Daten, die an Statistik Austria gemeldet werden, nicht den tatsächlichen Zahlen an erkrankten Personen entsprechen.

Univ.-Prof. Dr. Erika Richtig

Univ.-Prof. Priv.-Doz. Dr. med.univ. Erika Richtig ist Fachärztin für Dermatologie und Venerologie an der Universitätsklinik Graz.

Dies ist darin begründet, dass nur die Spitäler aufgefordert sind, Krebserkrankungen der Haut zu melden, nicht aber die niedergelassenen DermatologInnen. Ich verweise hier auf die Publikation von Monshi/Rappersberger* die sich mit dieser Thematik befasst haben. [Anm.: Statistik Austria** nennt für das Jahr 2015 1.779 Neuerkrankungen. Die tatsächlichen Fälle sind bei weitem mehr.]

Die Gefahr zu erkranken ist in den letzten Jahren leicht gestiegen, allerdings ist die Tumordicke durch die Früherkennung deutlich dünner geworden. Das heißt, Personen, die am schwarzen Hautkrebs erkranken, werden früher diagnostiziert als beispielweise noch vor zehn Jahren und haben dadurch eine bessere Prognose.

Gibt es Risikogruppen, die besonders auf Veränderungen der Haut schauen sollten?

Personen mit einem hellen Hauttyp (Typ 1 und 2) sind die eine Risikogruppe, eine weitere sind Personen mit sehr vielen Muttermalen. Daneben sollten auch jene Menschen achtsam sein, die bereits Melanomerkrankungen in der Familie haben.

Wie kann man sich präventiv schützen? Gibt es frühe Anzeichen, auf die man achten sollte?

Zur Prävention ist sicherlich der Lichtschutz wichtig, auch dass man sich nicht zu lange ungeschützt der Sonne aussetzt. In Wintermonaten, in denen die Haut nicht an die Sonne gewöhnt ist, sollte man besonders darauf achten.

Frühwarnzeichen auf eine mögliche Entartung kann man nach der sogenannten ABCDE-Regel feststellen: wenn sich ein Muttermal sichtbar verändert, etwa durch Asymmetrie, Begrenzung, Farbe (Colour), Durchmesser oder Entwicklung, dann sollte man dies kontrollieren lassen. Wichtig ist auch zu wissen, dass Melanome bei Personen mit vielen Muttermalen auch auf normaler Haut entstehen können, also nicht zwingend nur aus einem Muttermal heraus.

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es heute? Welche Fortschritte gab es in den letzten Jahren?

Über 90% der Melanome (Primärtumore) können durch eine einfache Operation beseitigt werden. Wenn es zu Lymphknoten-Absiedlungen gekommen ist, weiß man heute, dass eine komplette Entfernung der Lymphknoten die Überlebenschancen nicht steigert. Heute bespricht man mit den Patienten bei operierter Lymphknotenmetastasierung die Möglichkeit einer sogenannten adjuvanten Therapie (Therapie, die nach vollständiger Entfernung des Tumors angewendet wird, um mögliche – aber bisher noch nicht nachweisbare – Tumorabsiedlungen zu bekämpfen).

Im metastasierten Stadium wird routinemäßig eine Mutationsanalyse aus bestehendem Tumormaterial durchgeführt.  Anschließend wird im interdisziplinären Tumorboard entschieden, wie der Patient weiter behandelt wird. Dies hängt stark von der Ausdehnung der Metastasierung, den Lokalisationen, dem Zeitraum wie rasch Metastasen auftraten und auch von Laborparametern ab. Danach wird individuell für jeden Patienten ein Behandlungsplan erstellt. Heute gibt es neben der Immuntherapie und zielgerichteten Therapie auch Behandlungen mit einem onkolytischen Virus und zahlreiche klinische Studien.

Was sind die Unterschiede zwischen der Immuntherapie und der zielgerichteten Therapie?

Die zielgerichtete Therapie ist eine Behandlung, die auf eine Mutation der Tumorzelle zielgerichtet ist. Das setzt voraus, dass die Tumorzelle diese Mutation trägt. Die Medikation zielt darauf ab, die Zellteilung (und damit das Tumorwachstum) zu unterbrechen. Diese Therapieform wirkt sehr rasch und bringt auch einem Patienten rasch Erleichterung, wenn z.B. Metastasen bereits auf andere Organe drücken. Sie kann ganz einfach mit Tabletten verabreicht werden.

Die immunonkologische Therapie hat einen anderen Ansatz. Sie zielt darauf ab, dass die körpereigene Immunabwehr des Patienten gestärkt wird um Krebszellen zu erkennen und zu beseitigen. Sie wird infundiert und muss – je nach Substanz und Kombination – in unterschiedlichen Zeitabständen verabreicht werden. Derzeit laufen auch Studien, die die zielgerichtete mit der immunonkologischen Therapie kombinieren.

Inwiefern hat sich durch modernere Therapien auch die Lebensqualität der Patienten verbessert?

Die Lebensqualität hat sich insofern verbessert, dass einerseits tumorspezifische Symptome (z.B. Druck auf einen Nerv mit damit verbunden Schmerzen) durch besseres Ansprechen rasch gelindert werden, andererseits dass Tabletten oder tagesklinische Infusionen den Patienten in seiner gewohnten Umgebung belassen. Früher galt das maligne Melanom als unbehandelbar, heute haben wir öfters ein Langzeit-Ansprechen mit zum Teil kompletten Remissionen (Reduktion der Sypmtome). Die neuen Therapien haben somit die Behandlung des metastasierten Melanoms und in weiterer Folge zahlreicher Krebserkrankungen revolutioniert und die heurige Verleihung des Medizin-Nobelpreises hat dieser Entwicklung Rechnung getragen.

Für wen sind die neuen Therapieansätze geeignet und was lässt sich damit erreichen?

Die Immuntherapie und zielgerichtete Therapie sind für die Stadien der Metastasierung zugelassen, denn sie haben dort ihre Wirksamkeit in klinischen Studien erwiesen. Daneben sind sie auch im adjuvanten Bereich im Stadium der Lymphknotenmetastasierung zugelassen, weil sie auch hier eine gute Wirkung gezeigt haben. Das onkolytische Virus T-VEC ist für Haut- und Lymphknotenmetastasen, die nicht chirurgisch entfernt werden können, zugelassen. Wichtig ist aber noch immer, dass Melanome frühzeitig chirurgisch entfernt werden, damit es gar nicht erst zu einer Metastasierung kommt.

Ab wann ist eine medikamentöse Therapie sinnvoll?

Derzeit ist das der Fall, sobald die Lymphknoten betroffen sind. Es laufen aber bereits Studien, in denen bei dicken Primärtumoren, z.B. im Stadium IIC (Tumordicke über 4 mm und geschwürartig verändert), geforscht wird, inwieweit Immuntherapie und zielgerichtete Therapien auch hier wirksam sind. Insgesamt verlagert sich die Therapie von der Metastasierung kommend in den adjuvanten Bereich.

Autor: Lukas Winter
Bilder: Fotolia | ZVG

*Eur J Cancer. 2016 Mar;56:45-53. doi: 10.1016/j.ejca.2015.11.026. Epub 2016 Jan 20.

**Statistik Austria: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/gesundheit/krebserkrankungen/haut/index.html

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