Eine neue Immuntherapie gibt viel Anlass zur Hoffnung auf Heilung bei bisher unheilbaren Krebserkrankungen. Die CAR-T-Zell-Therapie ist bereits zugelassen, wird nun in Studien unter anderem am St. Anna Kinderspital und an der Uniklinik Innsbruck angewendet und weiterentwickelt.

Dr. Dominik Wolf

Prof. Dr. Dominik Wolf ist Klinikleiter der Hämatologie und Onkologie an der Uniklinik Innsbruck.

Welche Krebsart spricht auf die CAR-T-Zell-Therapie an?

Dr. Wolf:  Zugelassen ist die Therapie für chemorefraktäre oder rezidivierte aggressive Lymphknotenkrebserkrankungen, sogenannte Non Hodgkin Lymphome und für junge Patienten mit chemorefraktärer bzw. rezidivierter Erkrankung der Akuten Lymphatischen Leukämie (ALL) unter 26 Jahren. Die CAR-T-Zell-Therapie ist ein Verfahren, das gerade sehr breit entwickelt wird und das man in der Zukunft wahrscheinlich auch bei vielen anderen Tumorerkrankungen einsetzen wird.

Bei der CAR-T- Zell-Therapie werden Tumorzellen für das eigene Immunsystem sichtbar. Kann man das vereinfacht so sagen?

Dr. Wolf: Ja. So in der Art. Man verändert die Immunzellen des Patienten im Labor so, dass sie eine Zielstruktur der Krebszellen, also ein Zieleiweiß des Tumors, erkennen können. Die außerhalb des Körpers genetisch veränderten körpereigenen T-Zellen wandern in den Tumor und führen dort zum Zelltod der Tumorzellen.

Wichtig für den Erfolg der Therapie: die Verfügbarkeit der Zielstruktur

Wie sieht die Erfolgsquote aus?

Dr. Wolf: Bei Erwachsenen sieht es so aus, dass mehr als die Hälfte der Patienten auf die Therapie mit einer kompletten Rückbildung des Tumors reagiert, und davon wiederum ca. 50 Prozent der Patienten hat eine langfristige Überlebenschance.

CAR-T-Zell-Therapie im St. Anna Kinderspital

Dr. Attarbaschi

OA Dr. Andishe Attarbaschi ist Ärztlicher Leiter der onkologischen Station 2A im St. Anna Kinderspital

Zu allererst will ich Danke sagen, für das, was sie jeden Tag leisten. Wie viele Kinder wurden bzw. werden gerade im St. Anna Kinderspital mit CAR-T-Zellen behandelt?

Dr. Attarbaschi: Da muss ich ein weinig ausholen. In Österreich werden jährlich 65 Kinder mit akuter lymphoplastischer Leukämie (ALL) diagnostiziert. Das ist die häufigste Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter. Acht von zehn Kindern mit ALL werden mit einer Erstlinientherapie geheilt.
Ca. zwei von zehn Kindern haben einen Rückfall und von diesen zwei Kindern, die einen Rückfall haben, retten wir nochmal ein Kind mit einer Zweitlinientherapie, die meist auch eine Knochenmarkstransplantation beinhaltet. Damit ist derzeit die Indikation zur CAR-T-Zell-Therapie auf nur wenige Patienten pro Jahr beschränkt. Bis jetzt haben wir im St. Anna Kinderspital 10 Patienten mit CAR-T-Zellen behandelt.

Ist die CAR-T-Zell-Therapie eine einmalige Infusion mit den veränderten Immunzellen des eigenen Körpers?

Dr. Attarbaschi: Ja so ist es. Allerdings ist eine Art Chemotherapie nötig, bevor die neuen Immunzellen verabreicht werden. Sie sorgt dafür, dass sich die CAR-T-Zellen im Körper des Patienten schnell vermehren können bzw. nicht abgestoßen werden.

Wie sieht die Erfolgsrate aus?

Dr. Attarbaschi: wir bringen 80 Prozent der Kinder mit der CAR- T-Zell Therapie in eine Remission, also in einen krankheitsfreien Zustand. Wenn man sich ansieht, welche Patienten derzeit diese Therapie bekommen, nämlich jene mit der allerschlechtesten Ausgangslange, sind eine Remissionsrate von 80 Prozent und Langzeitüberlebensraten von 40 Prozent hervorragend.

Wie schnell sieht man, ob ein Kind auf die CAR-T-Zell-Therapie anspricht?

Dr. Attarbaschi: Es hat sich gezeigt, dass die meisten Kinder sehr schnell ansprechen. Die Blutuntersuchung zeigt bereits nach einer Woche, ob die Leukämiezellen im Knochenmark schon verschwunden sind. Die Knochenmarkspunktion nach 4 Wochen bestätigt zuallermeist die erreichte Remission.

Wie lange bleibt ein kleiner Patient nach der CAR-T-Zell-Therapie im Krankenhaus?

Dr. Attarbaschi: Da wir die Therapie nunmehr schon sehr gut kennen und einschätzen können, werden wir immer großzügiger und die Patienten dürfen bereits nach 14-21 Tagen nach Hause gehen.

Gibt es Nebenwirkungen und wie sehen die aus?

Dr. Attarbaschi: Drei muss man kennen: es kann zu einer überschießenden Aktivierung des Immunsystems kommen; Fieber, Herzkreislaufinstabilität und Atembeschwerden sind Auswirkungen davon. Verwirrtheit, Schläfrigkeit, Sprachschwierigkeiten sind neurologische Nebenwirkungen. Wir sind auf diese eventuell auftretenden Nebenwirkungen allerdings gut vorbereitet. Drittens kann als Spätfolge ein Immundefekt auftreten. Betroffene Kinder müssen dabei eventuell ein Leben lang Antiköper zum Schutz vor Infektionen verabreicht bekommen.

Was ist neu an der Therapie?

Dr. Attarbaschi: Die Therapie ist eine hochpotente Immuntherapie und gibt vor allem den Kindern eine Chance, bei denen wir bisher keine Möglichkeiten einer wirksamen Therapie mehr hatten.

Autorin: Sonja Hawle
Bilder: Adobe Stock | ZVG

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