Lungenkrebs ist eine der am häufigsten auftretenden Krebsarten. Was die Diagnose Lungenkrebs im Jahr 2017 bedeutet und wie die Immuntherapie funktioniert, erklärt OA Dr. Maximilian J. Hochmair, Leiter der onkologischen Ambulanz und der Tagesklinik im Otto-Wagner-Spital in Wien.
Wie viele Menschen sind in Österreich mit der Diagnose Lungenkrebs konfrontiert?
Pro Jahr gibt es in Österreich ca. 4100 Neuerkrankungen und bis zu 3600 Todesfälle. Lungenkrebs ist die zweithäufigste Krebsart bei Männern und die vierthäufigste bei Frauen.
Wie zufrieden sind Sie mit dem aktuellen Status bzw. Zahlen der Brustkrebs Früherkennung in Österreich?
Warum gilt Lungenkrebs im Volksmund als ein sehr heimtückischer Krebs?
Wenn der bösartige Tumor vom Lungengewebe aus wächst, ist er für Patienten oft nicht bemerkbar. Die Lunge selbst tut nicht weh, erst wenn der Tumor in die umliegenden Strukturen wächst, können Schmerzen auftreten. Lungenkrebs wird daher oft erst sehr spät entdeckt, wenn bereits eine Heilung nicht mehr möglich ist.
Für Lungenkrebs gibt es verschiedene Formen der Erkrankung. Können Sie kurz erklären, wie man diese klassifiziert?
Grundsätzlich wird zwischen kleinzelligen und nicht-kleinzelligen Lungenkarzinomen unterschieden. NSCLC (für non-small-cell lung cancer) machen rund 85% der Erkrankungen aus. Für diese Form des Lungenkrebses gab es in den letzten Jahren große Fortschritte in der Forschung, besonders hinsichtlich der systemischen Therapie.
Wie sieht die klassische Therapie bei einem Lungenkarzinom aus?
Wir unterscheiden zwischen dem heilenden Ansatz (Operation und/oder Chemo- sowie Strahlentherapie) und der palliativen Therapie – wenn eine Heilung aufgrund der bereits fortgeschrittenen Erkrankung nicht mehr möglich ist (bspw. sich im Körper Metastasen gebildet haben). Die drei Säulen der systemischen Krebstherapie sind Chemotherapie, eine andere zielgerichtete Therapie wie Strahlentherapie, und die Immuntherapie.
Wie zufrieden sind Sie persönlich mit den aktuellen Therapien bei einer Lungenkrebs-Erkrankung?
Wir sind über das letzte Jahrzehnt deutlich besser geworden und können den Patienten wieder bessere Prognosen und Lebensqualität bieten. Von der Heilung sind wir aber leider noch im Stadium IV weit entfernt. Also zufrieden kann man damit noch nicht ein.
Die Forschung sorgt für laufende Verbesserungen. Die Immuntherapie ist bspw. in den letzten Jahren eine beliebte Therapieform geworden. Können Sie kurz erklären wie diese Therapie funktioniert?
Ein gesunder Körper mit funktionierendem Immunsystem bekämpft Tumorzellen. Bei einer Krebserkrankung funktioniert dieser Mechanismus nicht mehr. Bei der Immuntherapie werden einem Patienten regelmäßig Antikörper über die Vene verabreicht. Dadurch können Tumorzellen vom Körper wieder erkannt und wieder bekämpft werden. Mit der Immuntherapie wird also das körpereigene Immunsystem reaktiviert.
Was sind die Vorteile dieser Therapie für Patienten?
Eine Chemotherapie kann vielen Patienten so erspart werden. Die Nebenwirkungen einer Immuntherapie sind in keinster Weise mit jenen der Chemotherapie vergleichbar. Bei frühzeitiger Erkennung der Nebenwirkungen sind diese in den meisten Fällen auch gut behandelbar.
Durch diese Art der individualisierten Krebstherapie ist es möglich, bei rund einem Viertel der Patienten, die eine Immuntherapie erhalten haben, die Prognose grundlegend zu verbessern.
Wie sehen Sie das Thema Lebensqualität für Patienten während der Krebstherapie?
Nachdem im Stadium IV keine Heilung möglich ist, ist die Lebensqualität in der palliativen Therapie ein ganz zentrales Thema. Unterschiedliche Berufsgruppen neben den Ärzten wie Pflege, Psychologie, Physiotherapie, Sozialarbeiter, … müssen hier gut zusammenarbeiten. Zusätzlich greifen neuere Therapien viel gezielter in das Tumorgeschehen ein als die herkömmliche Chemotherapie. Dadurch kann durch die Vermeidung von Nebenwirkungen auch die Lebensqualität gesteigert werden. Durch Biomarkeranalysen am Tumor vor Therapiebeginn werden nicht wirksame Therapien vermieden und hochwirksame Therapien (zielgerichtete Therapien wie EGFR TKI, ALK/BRAF/MET Inhibitoren, …) neben der Immuntherapie eingesetzt.
Autor: Lukas Winter
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