Mein Name ist Bianca Schuster. Ich bin 43, Unternehmerin und alleinerziehende Mama von zwei Kindern im Alter von 8 und 11 Jahren. Dies ist meine Geschichte.
Im Jänner 2010 – ich war 36 Jahre Jahre alt – bemerkte ich während des Stillens meiner Tochter (sie war bereits 1 Jahr) Verhärtungen in der Brust. Zuerst dachte ich, dass ich noch sehr viel Milch hätte und freute mich sehr darüber, denn meinen Sohn hatte ich auch 2 Jahre gestillt. Ich achtete immer darauf, dass beide Kinder dasselbe bekamen. Aber als meine Tochter fertig gestillt war, waren diese harten Stellen noch immer vorhanden. Ich zog meinen Gynäkologen ins Vertrauen und er ließ umgehend Röntgenaufnahmen anfordern die allerdings nichts Genaues zeigten. Man vermutete harmlose Veränderungen. Wir vereinbarten trotzdem einen OP-Termin um sicher zu gehen, denn meine Mama war bereits viele Jahre zuvor an Krebs verstorben.
Die Diagnose
Der OP-Termin war am Samstag Vormittag des 06.02.2010. Der 50. Geburtstag meines Arztes. Am Nachmittag wollte ich bereits das Krankenhaus wieder verlassen, da meine Kinder noch nie eine Nacht ohne mich verbracht hatten und beide noch nicht durchschliefen.
Es kam anders. Mein Arzt stand mit Tränen in den Augen vor mir und wusste nicht wie er es mir sagen sollte, als ich aufwachte. Er meinte nur, dass ich mich ausruhen sollte und er würde später noch einmal vorbeikommen. Er kam Stunden später wieder noch immer sprachlos. Dann erklärte er mir, dass er zwei bösartige Karzinome – beide zusammen 6 cm – entfernt hätte. Ich dachte mir nichts weiter dabei. Sie waren ja nun weg. Also, wann konnte ich nachhause?
Die Behandlungen beginnen
Dann klärte er mich auf, dass es nicht so einfach war wie ich dachte. Sie würden mich einige Tage für weitere Untersuchungen im Spital behalten um sicher zu gehen, dass keine Organe befallen waren und zur Sicherheit sollte ich eine Chemotherapie machen.
Ich war unglaublich enttäuscht, dass ich nicht nachhause konnte. Was sollten meine Kinder denken? Sie waren 1 und 3 Jahre. Sie waren noch nie ohne Mami. Das war das Einzige woran ich dachte. Die Untersuchungen ergaben zum Glück, dass weiter nichts war und wir starteten Mitte März die Chemotherapie. Alle 3 Wochen, 6x. Natürlich war meine größte Sorge meine langen, blonden Haare zu verlieren. Man erklärte mir, dass jeder anders darauf reagierte. Man könne das nicht voraussagen. Ja natürlich war es im Grunde genommen ganz harmlos, aber als junge Frau war dieser Gedanken nicht sehr prickelnd.
„Wochensiegerin“
Ich fuhr zur 1. Chemo am 15.03.2010 ins Spital, wissend, dass ich danach sofort wieder nachhause ging. Ich wollte keine Nacht bleiben. Meine Kinder! Die Ärzte dort waren erstaunt. Die meisten Patienten blieben einige Nächte. Ich bekam die Chemo und verließ umgehend das Spital. Am nächsten Tag hatte ich Fieber und 2 Tage nach der Therapie musste ich wieder zurück. Der diensthabende Arzt meinte, dass ich „Wochensiegerin“ sei. Man hätte noch nie zuvor jemanden mit so wenig weißen Blutkörperchen nach einer Chemo gehabt.
Zum Glück konnten wir darüber lachen, aber ich brauchte eine Lösung. Mir standen ja noch 5 weitere bevor. Also kam der nächste Engel in weiß zum Einsatz. Diesmal eine Frau Doktor. Ich weinte, weil ich nur nachhause zu meinen Kindern wollte. Sie meinte, ich sollte mich nicht sorgen, keine Angst haben, und setze sich ruhig auf den Rand meines Bettes. Sie hätte eine Lösung für mich. Ich sollte mir 48 Stunden nach jeder Chemo selbst eine Spritze in den Bauch geben. Schöne Aussichten, aber wenn man etwas möchte, dann tut man es einfach. Wenn das die Lösung war nach der ich gesucht hatte?
Man muss funktionieren
Die nächsten Chemotherapien waren ganz unkompliziert. Rein ins Spital, Chemo empfangen, wieder nach Hause , 48 Stunden später die Spritze in den Bauch und rein ins Mami sein. Da hat man keine Zeit zum Nachdenken. Die Kinder in diesem Alter fordern den ganzen Tag und auch in der Nacht. Da muss man funktionieren.
Das einzige was ziemlich anstrengend war, war die Müdigkeit als Nebenwirkung, aber wenn es sonst nichts war. Ich schaute immer auf das was gut funktionierte und nicht auf das Negative. Ich hatte ein ganz klares Ziel vor Augen. Das Ende der Chemo, die anschließende Brustamputation mit gleichzeitigem Wiederaufbau und als letzte Operation – vorbeugend – die Entnahme der Eierstöcke und der Gebärmutter. Und das alles so schnell wie möglich, damit ich das Ganze hinter mir lassen konnte.
Eine neue Frisur
Ich war dankbar zwei gesunde Kinder zu haben. Die Familienplanung war also somit abgeschlossen und wenn ich mit der Entnahme weiteren unangenehmen Hiobsbotschaften ausweichen und zu 100% für meine Kinder da sein konnte, war das der einzig richtige Weg für mich.
Nach der 1. Chemotherapie verlor ich wenige Tage später die Haare. Mein Friseur kam nachhause und sollte mir im Badezimmer eine Glatze rasieren. Er setzte ein paar Mal mit der Maschine an und konnte es anfangs nicht. Er litt mit mir. Wir hatten zur Sicherheit für diesen Fall schon vorher eine Perücke besorgt. Also, runter mit den noch verbleibenden Haaren und rauf mit der Perücke.
So eine Perücke stellte sich als sehr praktisch heraus. Man frisiert sie am Abend durch und setzt sich den Helm, die Haube, den Peppi am nächsten Tag in der Früh wieder auf. Man ist in der Früh viel schneller fertig. Dumm war nur, dass ja meine Kinder noch nicht durchschliefen und damit sie in der Nacht nicht erschrecken, blieben die Haare anfangs auch in der Nacht oben. Solange bis es dann draußen immer wärmer und die Perücke immer unangenehmer wurde.
Ich erklärte den Kindern, dass die Mami sich die Haare weg und wieder her zaubern konnte. Mein Älterer fand das weniger witzig, aber die jüngere Maus musste lachen.
Entscheidungen für das Leben
Die Chemotherapien zog ich dann bis Juni ohne Verzögerung durch. Im August waren die große Entfernung und der gleichzeitige Wiederaufbau. Eine 4 Stunden Operation ohne Komplikationen. Die Ärzte haben hier wirklich hervorragende Arbeit geleistet. Dafür bin ich sehr dankbar und heute freue ich mich darüber, dass ich mit bald Mitte 40 und 2 gestillten Kindern eine Brust habe die auch ohne „Busenbehälter“, wie meine Kinder es nannten, steht. Ja, alles im Leben hat zwei Seiten.
Im November gab es dann noch eine kleine OP wegen dem Karpaltunnelsyndrom und im Jänner 2011 die Entfernung der Eierstöcke (die ja mit der Brust in Zusammenhang stehen) und der Gebärmutter – auf meinen Wunsch. Ich wollte einfach vorbeugend für meine Kinder handeln.
Ich danke von Herzen allen meinen Ärzten, Schwestern und Pflegern die sich um mich gekümmert, bemüht, umsorgt und mich zum Lachen gebracht haben. Ohne die Hartnäckigkeit von Dr. Zoltan Nemeth wäre ich heute nicht mehr hier. Ein großes Dankeschön auch an meinen Papa, meine Schwester und meine Freundinnen die nie von meiner Seite gewichen sind. Und natürlich DANKE an meine Kinder die mir bis heute so viel Kraft geben. Und DANKE an all das Positive das durch diese Situation in mein Leben gekommen ist.
Entscheide Dich für das Leben! Es ist schön und lebenswert! Nimm es in die Hand und mach etwas draus!
Autorin: Bianca Schuster
Bilder: R. Schuster | Pexels