Information zu einer Erkrankung ist wichtig, kann aber auch überfordern und frustrieren. Ein Team der Frauenklinik des Klinikums rechts der Isar der TU München hat daher die „Meine Busenfreundin“-App entwickelt, die individuell Informationen zur Brustkrebs-Erkrankung liefert und damit zur Entlastung der Patientin beiträgt. Wir sprachen mit Dr. Heike Jansen, Ärztin der Frauenklinik und Psycho-Onkologin im App-Team.

Frau Dr. Jansen, Sie haben mit einem Team die Brustkrebs-App „Meine Busenfreundin“ entwickelt, wie kam es dazu?

Wir haben in der klinischen Betreuung von Brustkrebs-Patientinnen bemerkt, dass der Austausch mit informierten Patientinnen an Bedeutung gewinnt. Die Einwilligung zur medizinischen Behandlung aufgrund von Informationen und Vertrauen ist essentiell. Patientinnen sollen bestmöglich in die Therapieplanung und -entscheidung eingebunden sein – ein Austauschen auf Augenhöhe ist das Ziel. Dadurch erhöht sich die Therapietreue, Therapien werden vermehrt erfolgreich zu Ende gebracht, was für die Prognose meist eine Verbesserung bedeutet.

Gut informierte Patientinnen sind also wichtig. Doch häufig passiert es, dass die Internetrecherche in Eigenregie schlicht überfordert. Patientinnen sind danach oft ratlos, verunsichert und frustriert. Daher war die Idee einer App, die Brustkrebs-Patientinnen als Begleiter zur Verfügung stehen soll, 2017 geboren. Ein kleines Team der Frauenklinik rechts der Isar in München rund um Klinikdirektorin Prof. Kiechle hat sich dieser Idee angenommen.

Dr. Heike Jansen

Dr. Heike Jansen ist Ärztin der Frauenklinik und Psycho-Onkologin im App-Team.

Was war das Ziel hinter der Entwicklung der App?

Unsere App ist eine Companion-App, also ein Begleiter, der die Patientinnen von der Diagnose weg, durch die Therapien und Nachsorge mit wertvollen Informationen begleiten soll. Ziel war es, ein Instrument zu schaffen, dass gezielt und individuell mit wissenschaftlich fundierten Informationen aufklären und Befunde erklären soll. Damit soll die unkontrollierte Internetrecherche erspart bleiben.

So wurde im Team der Frauenklinik der TU München die Meine-Busenfreundin-App mit Gynäkologen, Psychoonkologen und der onkologischen Pflege konzipiert und mit der finanziellen Unterstützung des Bayerischen Wirtschaftsministeriums entwickelt.

Für wen ist diese App geeignet?

Die App ist in erster Linie für Patientinnen, die zum ersten Mal an Brustkrebs erkrankt sind. Sie ist für alle Altersgruppen geeignet und führt von der Diagnose durch die Therapien bis hin zur Nachsorge.

Was kann die App und wofür ist sie zu verwenden?

Die App liefert sämtliche nützlichen Informationen, die Patientinnen zu unterschiedlichen Zeitpunkten benötigen. Sie geht individuell auf jede Patientin ein und unterstützt dann, wenn die Anwenderin es will. Zu Beginn wird die Patientin um Daten zur Person, Diagnose und Therapie gebeten. Diese Eingabe ist freiwillig, jedoch je präziser die Daten sind, desto besser kann die App die benötigten Informationen bereitstellen. Auf Basis der Daten wird ein medizinisches Profil erstellt und die Patientin erhält daraufhin Texte, Videos und Unterstützungsangebote zu ihrer jeweilig aktuellen Lebenssituation.

Eine jüngere Patientin, die sich z.B. gerade in einer Chemotherapie befindet, hat eventuell Fragen zum Thema Kinderwunsch. Während eine ältere, möglicherweise eher übergewichtige Frau, Fragen zum Thema Ernährung beantwortet haben möchte. So kann die App individuell auf die Bedürfnisse der Patientinnen eingehen und unterstützen.

Eine weitere Funktion ist der sogenannte Fahrplan, eine Art Kalender. Durch die Dateneingabe zu Beginn erhält die Nutzerin eine Übersicht zu Therapien. Im Fahrplan werden auch die Artikel bzw. Videos angezeigt sowie die Erinnerung an die Medikamenteneinnahme. Daneben können natürlich auch eigene Termine und Erinnerungen eingetragen werden.

Eine wichtige Funktion ist auch die Postleitzahlen-Suche in der App, sodass z.B. das nächst gelegene Brustkrebszentrum leichter gefunden werden kann. Auch Kontakte zu behandelnden Ärzten können in der App hinterlegt werden. Ein „Distress-Thermometer“ gibt als weitere Funktion an, wie hoch das aktuelle Stress-Level der Patientin ist. In 2-wöchtigen Abständen wird die Belastungssituation erhoben und Hilfestellungen angeboten.

Brustkrebs-App

Die App ist für Android- und Apple-Geräte, sowie als Webapp verfügbar.

Warum sind diese Services so wichtig für Patientinnen?

Aufklärung und Information führen zu einer Entlastung der Patientinnen. Der Druck, selbst recherchieren zu müssen, wird durch die App genommen. Der Patientin werden maßvoll passende und laienverständliche Informationen geboten, die auf ihre jeweilige Situation eingehen.

Das Erklären von Fachbegriffen führt zu einem besseren Verständnis der Erkrankung und Therapie und insgesamt führt diese Entlastung zu einer besseren Lebensqualität, Therapietreue und Prognose.

Was ist der aktuelle Stand? Haben Sie bereits Feedback von Verwenderinnen bekommen?

Die App wurde im Sommer 2019 gelauncht, wir sind jetzt dran die nächsten Funktionen zu konzipieren, so soll bspw. eine Schnittstelle zu Studienzentralen implementiert werden.

Das erste Feedback unserer Userinnen ist sehr positiv und konstruktiv, wir sehen also, dass die App gerne angenommen und genutzt wird. Das Feedback hilft uns natürlich zur inhaltlichen und funktionellen Erweiterung enorm, schließlich orientieren wir uns an den Bedürfnissen der Nutzerinnen.

Was sind Ihre nächsten Schritte? Gibt es ein Ziel, das Sie mit der App noch erreichen wollen?

Wir wollen, dass die App in das Verzeichnis der digitalen Gesundheitsanwendungen aufgenommen wird. Damit wäre die App als Medizinprodukt auch verschreibungsfähig. Um das zu erreichen planen wir derzeit eine bayernweite klinische Studie, um den positiven Versorgungseffekt durch die App nachweisen zu können.

Langfristig ist geplant, diese App auch auf weitere Krebs-Entitäten auszuweiten, wie bspw. metastasierter Brustkrebs oder andere gynäkologische Krebsarten. Auch nicht-gynäkologische Entitäten (wie Lungen- oder Prostatakrebs) stehen auf unserer Agenda.

Autor: Lukas Winter
Bilder: Adobe, ZVG

Die “Meine Busenfreundin-App” finden Sie kostenfrei auf:


Apple App

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