Für die relativ seltene Tumorerkrankung konnten in den letzten Jahren zahlreiche neue Therapieansätze entwickelt werden. Mit einer Verdoppelung oder Verdreifachung der Lebenserwartung nach der Behandlung rechnet der Onkologe Univ. Prof. Dr. Heinz Ludwig vom Wiener Wilhelminenspital in unserem Interview.
Was ist das Multiple Myelom?
Eine Erkrankung des Immunsystems: Bösartig veränderte Plasmazellen entwickeln sich als Myelomzellen vor allem im Knochenmark, können aber auch woanders Tumore bilden.
Woran erkennt man ein Multiples Myelom?
In der Regel haben die Patienten Rückenschmerzen, nicht selten aber auch sonst an anderen Stellen im Skelettsystem. Ein Teil leidet unter Müdigkeit und Schwäche, seltener an erhöhter Infektionsanfälligkeit. Der Hausarzt oder Orthopäde sollte bei anhaltenden Kreuzschmerzen immer auch an ernste Ursachen wie Tumore denken.
Wie verbreitet ist das Multiple Myelom?
In Österreich gibt es etwa 2500 Menschen mit dieser Erkrankung. Gottseidank ist aber heute die Überlebenszeit länger als früher.
Was können die Ärzte therapeutisch tun?
Für Patienten unter ca. 65 Jahren gibt es eine klare Empfehlung zur so genannten Induktionstherapie (also Abtötung der Tumorzellen), dann Stammzellentransplantation, Konsolidierungstherapie und eventuell Erhaltungstherapie. Für ältere Menschen sind hohe Dosierungen nicht so geeignet, da gibt es verschiedene Alternativen je nach Einzelfall.
Wie sieht die Medikation heute aus?
Die meisten Therapien erfolgen nach wie vor als Infusionen oder als subkutane Injektion unter die Haut. Es gibt aber auch neue Medikamente, die man schluckt. Das ist natürlich für Patienten komfortabel. Hier kommt es sehr darauf an, wie diszipliniert sie das Mittel einnehmen.
Welche Heilungschancen haben Patienten heute?
Die bis etwa 65-Jährigen haben nach der Transplantation eine Lebenserwartung von ca. 8 bis 10 Jahren, die Älteren von 3 bis 5 Jahren. Das hängt aber auch von der Biologie des Myeloms ab. Der Tumor kann unterschiedlich aggressiv sein. Ungefähr 20 Prozent der Patienten sind 15 Jahre nach der Transplantation mit den alten Medikamenten noch am Leben. Mir den neuen Therapien gehen wir davon aus, dass wir das verdoppeln oder verdreifachen können.
Sind zukünftig weitere Entwicklungen zu erwarten?
Ja, da gibt es unglaubliche Entwicklungen: neue Antikörper, Immuntherapien und Medikamente, die bei speziellen Patienten bestimmte Schaltstellen neutralisieren. Da geschieht sehr viel.
Da die Krankheit sehr komplex ist, ist es wichtig, dass Patienten mit Multiplem Myelom am besten in Abteilungen aufgehoben sind, die sich gezielt mit dieser Erkrankung beschäftigen. Denn heute kann zwischen etwa 30 Therapieansätzen gewählt werden. Da braucht es entsprechende Kenntnisse und Erfahrung.
Wie hilfreich war dieser Artikel für Sie?
Autor: Michael Praschma
Bilder: Fotolia | ZVG