Die Diskussionen über die Rolle von Methadon als „Wundermittel“ in der Krebstherapie reißen seit Wochen nicht ab. Durch zahlreiche TV- und Zeitungsberichte sind viele Patienten und Angehörige verunsichert. Doch was stimmt, und was nicht?
Viele Berichte loben das Drogensubstitut Methadon als neues Wundermittel im Kampf gegen Krebs. Es soll Leukämiezellen regelrecht in den Tod treiben. Die Entdeckung, dass Krebszellen sterben, wenn zur Chemotherapie Methadon hinzugefügt wird, machte Dr. Claudia Friesen, Chemikerin am Institut für Rechtsmedizin der Uniklinik Ulm, bereits 2008.
Bekanntes Substitut mit Nebenwirkungen
Methadon, das bereits seit 1937 synthetisch hergestellt werden kann und zu den Opioiden mit starker, schmerzstillender Wirkung zählt, ist als Medikament für Heroinabhängige bekannt. Daher genießt es auch keinen besonders guten Ruf. Wird es zur Chemotherapie zusätzlich eingesetzt, kann es Krebszellen töten und auch bei bereits „austherapierten“ Patienten noch zum Erfolg führen. Beweise dafür brachte Dr. Friesen 2014 in Laborexperimenten mit Glioblastumszellen vor.
„Es kann sein, dass eine Zelle bei der Chemotherapie zu 10% anspricht. Wird Methadon hinzugegeben, kann ein 100%iger Zelltod erreicht werden.“
(Dr. Claudia Friesen)
Einzelerfolge aber keine valide Studie
In den Medien tauchten in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder PatientInnen auf, die von Dr. Friesen und ihrem Team behandelt wurden und auf den Erfolg von Methadon schwörten. Die Deutsche Neuroonkologie Arbeitsgemeinsacht (NOA) sowie die Gesellschaft für Neurologie verwiesen auf die unzureichende Datenbasis und das Risiko, unkontrollierter Anwendungen. Das große Problem sei, dass es bisher keine validen klinischen Studien zur Wirksamkeit von Methadon gebe.
Auch die Österreichische Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (OeGHO) schließt sich ihrer Schwesterngesellschaft aus Deutschland an und warnt vor unrealistischen Erwartungen und möglichen Gefahren. Die vorgelegten Daten zur Wirksamkeit von Methadon beruhen auf einer einzigen, unkontrollierten Studie.
„Diese Daten müssen in kontrollierten klinischen Studien überprüft werden.“
(OeGHO)
Es müssen Daten her!
Auch die Österreichische Krebshilfe schließt sich der Aussendung der OeGHO an. Eine unabhängige, klinische Studie sei derzeit allerdings nicht möglich, dazu fehlen die nötigen Finanzmittel. In Deutschland versucht Dr. Friesen derzeit, an der Berliner Charité mit weiteren Medizinern zu forschen und eine unabhängige Studie mit Hirntumorpatienten zu ermöglichen. Der nächste große Schritt – ein Nachweis für die Wirksamkeit von Methadon in der Krebstherapie – steht weiter in der Ferne. Die Entscheidung, ob Methadon als Begleitmaßnahme angewendet werden soll, darf aber jeder Hausarzt selber entscheiden.
Autorin: Stefan Lechner
Bilder: ©Fotolia | Pexels
Quellen:
Aussendung der OeGHO vom 22.6.2017
http://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/methadon-krebstherapie-forschung-100.html
http://orf.at/stories/2397525/2397516/