Wenn herkömmliche Krebstherapien nicht wirksam sind, hilft bei vielen Leukämie-Patienten oft nur mehr eine Stammzell-Spende. In Österreich kümmert sich ein privater Verein darum, dass ausreichend Lebensretter gefunden werden. Wir sprachen daher mit Susanne Marosch, Obfrau des Vereins „Geben für Leben – Leukämiehilfe Österreich“.
Sie sind Obfrau der Leukämiehilfe Österreich. Wie kam es dazu?
Meine Mutter gründete den Verein vor zwanzig Jahren zusammen mit zwei Freundinnen aufgrund einer persönlichen Betroffenheit. Meine Cousine war damals an Leukämie erkrankt und brauchte dringend eine lebensrettende Stammzellspende. So suchten sie zuerst im Familien- und Freundeskreis und dehnten die Suche dann immer weiter aus. Schlussendlich konnte eine Spenderin aus Wales gefunden werden, die ihr das Leben rettete. Aus Dankbarkeit gründeten die drei Damen den Verein, damit auch anderen Menschen diese Hilfe zuteilwird. Im Jahr 2011 habe ich den Verein dann übernommen, um den Gründerinnen den wohlverdienten Ruhestand zu ermöglichen und ihr Lebenswerk fortzuführen.
Eine zentrale Aufgabe des Vereins ist es, Stammzellspender zu finden. Warum?
Wenn die klassische Chemo- oder Strahlentherapie nicht mehr anspricht, dann hilft den Patienten oft nur noch die Transplantation von gesunden Stammzellen, um die Chance auf ein Überleben aufrecht zu erhalten. Wenn innerhalb der Familie aber kein passender Spender verfügbar ist, dann bleibt nur noch die Möglichkeit einer Fremdspende. Die Wahrscheinlichkeit einen „genetischen Zwilling“ zu finden, liegt dann bei 1:500.000. Darum ist es so wichtig, dass sich möglichst viele Menschen typisieren lassen, um die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zu erhöhen.
Wer kommt als Spender in Frage?
Alle gesunden Menschen zwischen 17 und 45 Jahren, die mindestens 50 kg wiegen, können sich bei uns typisieren lassen. Wir nehmen ein kleines Röhrchen Blut ab oder machen einen Wangenabstrich. Diese gehen dann ins Labor und die Ergebnisse werden über uns pseudonymisiert täglich in die weltweite Spenderdatenbank eingespielt. Wenn es irgendwo auf der Welt einen Patienten gibt, der dieselben HLA-Merkmale hat wie einer unserer Spender, dann organisieren wir die Stammzellspende.
Was genau macht man bei einer Stammzellspende? Ist das kompliziert?
Überhaupt nicht. Bei einer Stammzellspende spritzt man sich in den vier Tagen vor der Spende eine kleine Spritze in die Bauchfalte, ähnlich einer Thrombosespritze. Dadurch wird dem Körper ein grippeähnlicher Zustand vorgetäuscht, der ihn zu einer Überproduktion seiner Stammzellen anregt, um die vermeintliche Krankheit zu bekämpfen. Das ist ein ganz natürlicher Vorgang, der jedes Mal passiert, wenn eine entsprechende Krankheit auftritt. Am fünften Tag wird man an ein Gerät angeschlossen, das ähnlich einer Blutwäsche die überschüssigen Stammzellen aus dem Blut filtert.
In wenigen Fällen, wenn es sich um Kleinkinder oder sehr akute Fälle handelt, dann wird eine Knochenmarkspende durchgeführt. Dort fällt die Vorbereitungsphase weg. Unter einer leichten Vollnarkose wird der Beckenkamm punktiert und das konzentrierte Knochenmark wird entnommen. Das bildet sich innerhalb kürzester Zeit wieder nach. Mitunter hat man danach einen blauen Fleck, den man ein paar Tage spürt.
Wo kann man sich typisieren lassen?
Wir führen in regelmäßigen Abständen Typisierungsaktionen in ganz Österreich durch. Die aktuellen Termine finden sich immer auf unserer Homepage oder Facebook-Seite. Eine weitere Möglichkeit ist die Anforderung eines Typisierungs-Sets über einen Wangenabstrich, mit dem man sich von zuhause aus registrieren kann.
Was passiert, wenn man als Spender in Frage kommt?
Wir kontaktieren unsere Spender und begleiten sie von Beginn an durch den ganzen Prozess. Nach einer umfassenden Information über die Spende und einer eingehenden Voruntersuchung bei unserem Partner „AKB – Aktion Knochenmarkspende Bayern“ in Gauting bei München wird ein Termin für die Spende festgelegt. Es ist ein ganz besonderes Erlebnis so etwas machen zu können. Der Spender ist ein absoluter Lotto-Sechser für den Patienten.
Was bedeutet das für einen an Leukämie erkrankten Menschen, wenn ein Spender gefunden wurde?
Zunächst einmal Hoffnung und unendliche Erleichterung für ihn und die ganze Familie. Dieser Spender ist die einzige Chance auf ein Überleben eines geliebten Menschen. Dann erfolgt der schwere Teil. Das Immunsystem des Patienten wird mit Chemotherapien komplett zerstört. Ein Schnupfen wäre in dieser Zeit absolut tödlich, daher wird der Patient in eine Isolierstation gebracht und hat keinen physischen Kontakt zu anderen Menschen. Die gesunden Stammzellen werden dann dem kranken Körper zugeführt und man hofft, dass dieser auf Basis der gesunden Zellen ein neues Immunsystem ohne Krankheit aufbaut.
Kann man als Spender auch anonym bleiben?
Natürlich kann der Spender anonym bleiben. Wir freuen uns jedoch immer, wenn wir die Spender nach der Spende treffen und ihre Geschichte erfahren dürfen. Diese stellen wir dann, wenn wir die Zustimmung dazu bekommen, der Öffentlichkeit vor, um auch anderen Menschen von dieser Möglichkeit zu berichten.
Wo sehen Sie in Österreich noch Handlungsbedarf, das Thema Stammzellspende betreffend?
Österreich hat im Vergleich zu anderen Ländern mit rund 120.000 (davon sind über 50.0000 von unserer Datenbank) typisierten Menschen nur sehr wenige potenzielle Stammzellspender registriert. Wir arbeiten fieberhaft daran, dass wir im internationalen Vergleich aufholen und unserer Bevölkerung auch die Möglichkeit von Lebensrettern bieten. Leider müssen wir die Typisierungen zu 100 % mit Geldspenden finanzieren und eine Typisierung kostet € 40. Das ist die größte Herausforderung. Aber durch die großartige Unterstützung der Bevölkerung konnten wir bereits über 100 StammzellspenderInnen finden, die mit ihren gesunden Stammzellen Hoffnung schenkten.
Spenden erreichen uns über folgendes Spendenkonto:
Sparkasse Bludenz Bank AG
IBAN: AT392060700100064898
Autorin: Lisa Weber
Bilder: Adobe Stock | Weissengruber und Partner Fotografie OG
Typisierungs-Aktionen in Österreich
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